DTB-Vorstand im Interview: "Erfolgreich sind wir nur gemeinsam"

An diesem Wochenende findet in Berlin die 76. Mitgliederversammlung des Deutschen Tennis Bundes (DTB) statt – erstmals mit einem hauptamtlichen Vorstand. Seit dem 1. April dieses Jahres tragen Veronika Rücker und Peter Mayer als Doppelspitze die Verantwortung für die Geschicke des mitgliederstärksten Tennisverbandes der Welt. Im DTB-Interview ziehen sie ein erstes Fazit des vergangenen Jahres. Das Gespräch sowie viele weitere Inhalte gibt es im aktuellen DTB-Geschäftsbericht, der hier zum Durchblättern oder Download verfügbar ist.

Knapp 200 Tage nach eurer Bestellung in den Vorstand des DTB sind vergangen. Wie fällt euer Fazit bis heute aus?

Rücker: Zunächst einmal sind wir dankbar, dass wir das Vertrauen von Präsidium und Bundesrat bekommen haben, als erste hauptamtliche Doppelspitze den DTB in die Zukunft führen zu dürfen. Das ist eine ehrenvolle Aufgabe, der wir jeden Tag mit großer Motivation begegnen. Unabhängig von unseren Personen war es für den Verband ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg der Professionalisierung, der nach langer Vorarbeit erfolgreich absolviert werden konnte.

Mayer: Mein persönlicher Eindruck ist, dass wir in vielen Dingen bereits schneller und effizienter geworden sind, auch wenn dieser tiefe Strukturwandel natürlich eine gewisse Zeit braucht, um vollumfänglich gelebt zu werden. Wir stehen als Verband vor vielen Herausforderungen und sind immer noch mitten in einem Change-Prozess, der Geduld und große Anstrengungen bedarf. Aber wir sind stolz auf das, was wir vor allem auch Dank des großen Engagements unserer Mitarbeiter:innen in den letzten Monaten erreicht haben.

Was waren für euch in diesem Jahr erste, wichtige Meilensteine?

Mayer: Für mich war es entscheidend, dass wir durch die Einführung eines neuen Gebührenmodells, welches sich an den Ranglisten- und LK-Spieler wendet, eine Antwort auf die Frage geben können, wie sich der Tennissport in Deutschland zukünftig finanziert. Erst durch diesen Beschluss haben wir den Raum geschaffen, um uns für die Zukunft sportlich erfolgreicher, nachhaltiger, digitaler und damit moderner aufzustellen. Es liegt in der Natur der Sache, dass es nicht immer einfach ist, mit 17 Landesverbänden eine gemeinsame Lösung zu finden. Daher sind wir sehr zufrieden, dass uns in dieser zentralen Frage der so wichtige Schulterschluss gelungen ist.

Rücker: Die finanzielle Konsolidierung, die wir weiter fortsetzen wollen, hat uns auch in diesem Jahr intensiv beschäftigt. Unter großen Anstrengungen und mit Hilfe der im letzten Jahr verabschiedeten Beitragserhöhung streben wir nach dem Defizit im Geschäftsjahr 2023 im Jahr 2024 ein ausgeglichenes Ergebnis an. Eines ist in diesem Prozess noch einmal ganz deutlich geworden und das gilt sowohl auf als auch neben dem Platz: Erfolgreich sind wir nur gemeinsam! Auch für die sportlichen Weichenstellungen, mit denen wir uns in diesem Jahr intensiv auseinandergesetzt haben, sind die finanziellen Voraussetzungen maßgeblich. Wir haben viele Dinge identifiziert, die wir im Leistungs- und Wettkampfsport verändern wollen. Aber für die Umsetzung, die wir in 2025 verstärkt angehen möchten, braucht es die notwendigen Mittel.

Wo genau möchtet ihr ansetzen, um sportlich erfolgreicher zu werden?

Rücker: Wir haben uns im Rahmen des neuen Leistungssportkonzepts unter dem Titel „Gemeinsam! Weltklasse! Entwickeln!“ mit den wesentlichen Stellschrauben beschäftigt, die sich verändern müssen, damit wir langfristig erfolgreich in der Weltklasse mitspielen können. Wichtig war uns, dass wir nicht einzelne Maßnahmen isoliert betrachten, sondern dass zahlreiche Hebel ineinandergreifen und ganzheitlich umgesetzt werden müssen, um erfolgreich zu sein. Erste wichtige Ansatzpunkte, wie die Einführung eines Athleten Management System oder eine datenbasierte Matchanalyse, konnten wir bereits realisieren. Wir sind überzeugt, dass auch die Nutzung modernster Technologie einen bedeutenden Beitrag zur Weiterentwicklung unserer Spieler:innen und Trainer:innen leisten wird.

Und darüber hinaus?

Rücker: In unserem Acht-Punkte-Programm haben wir vielfältigste Maßnahmen identifiziert. Ein zentraler Aspekt ist beispielhaft die deutliche Ausweitung der Turnierlandschaft im Bereich der ITF-Turniere für Erwachsene. Wir müssen unseren vielen guten Jugendlichen den Übergang in den Profibereich erleichtern und hierzu spielt eine attraktive Turnierlandschaft in Deutschland eine zentrale Rolle.

Mayer: Mich hat vor allem die Art und Weise beeindruckt, wie die neue Leistungssportkonzeption in kürzester Zeit erarbeitet wurde. Für uns ist das eine Blaupause, wie wir künftig arbeiten möchten. Unter Einbezug von Experten und Kritikern, in einem systematischen, transparenten Vorgehen, datenbasiert und wissenschaftsgestützt und mit einem ganzheitlichen Blick.

Eine Vorgehensweise, wie ihr sie auch im Bereich der Vereins-, Mitglieder- und Trainerentwicklung betreibt?

Mayer: Definitiv. Wir haben beispielsweise eine große Umfrage unter Trainer:innen und unter Vereinen durchgeführt, um noch genauer auf ihre Bedürfnisse eingehen zu können. Wir sind auch dadurch zu der Erkenntnis gelangt, dass wir in diesem Bereich noch viel stärker Impulse geben und Wissen vermitteln möchten und haben mit unterschiedlichen Webinaren ein umfassendes Qualifizierungsangebot geschaffen. Ziel ist es dabei unter anderem, die Trainer:innen sowohl bei der Gestaltung der eigenen Finanzstrukturen als auch bei der Verbesserung ihrer beruflichen Rahmenbedingungen zu unterstützen.

Welche Rolle kann auch die neue Sportart Padel hier spielen?

Mayer: Das Interesse bei Coaches ist groß, sich in diesem Bereich fortzubilden und wir konnten bereits einige Padel-Trainer-Lehrgänge eigenständig durchführen. Wir möchten mit Padel nicht nur ein neues Angebot für Spieler:innen, sondern auch für Tennisvereine und Trainer:innen etablieren. Allein im Jahr 2023 wurden 306 neue Padelcourts in Deutschland errichtet, viele davon auch auf Anlagen von Tennisvereinen. Darüber hinaus haben wir mit der erstmaligen Ausrichtung der CUPRA German Padel Tour in diesem Jahr einen wichtigen Schritt in Richtung Professionalisierung der Wettkampfstrukturen gemacht.

Welche sportlichen Momente haben euch dieses Jahr bewegt?

Rücker: Für mich waren es definitiv die Olympischen Spiele. Auch wenn wir uns alle ein noch besseres sportliches Abschneiden gewünscht hatten, war es für mich ein besonderes Erlebnis, unser Team in Paris begleiten zu dürfen. Hautnah die bewegende Abschiedsvorstellung von Angelique Kerber auf der Olympischen Bühne mitzuerleben, bleibt ein Ereignis, das ich so schnell nicht vergessen werden.

Mayer: Mein persönliches Highlight waren die Hamburg Open in diesem Jahr, die es mit dem neuem Ausrichter Tennium und der Unterstützung des DTB schon im ersten Jahr geschafft haben, das Turnier auf ein neues Level zu heben. Besonders beeindruckt bin ich aber auch von der anhaltenden sehr aktiven Wettkampfszene an der Basis, bei den von unseren Landesverbänden organisierten Turnieren und Ligen. Das stetige Wachstum in diesem Bereich bestärkt uns darin, dass wir hier weiterhin auf dem richtigen Weg sind.

Gilt dies auch für den Nachwuchsbereich, in dem unter anderem das U16-Nationalteam den EM-Titel holen konnte?

Rücker: Ja, vor allem weil es kein Einzelfall war, sondern nur ein Ausrufezeichen von vielen in diesem Jahr. Wer sagt, dass im deutschen Tennis nichts nachkomme, liegt falsch. Wir haben viele hochtalentierte Spieler:innen, die in diesem Jahr große Erfolge gefeiert haben. Mit ihnen wird in Zukunft auch auf der Profi-Tour zu rechnen sein. Natürlich muss man mit Prognosen vorsichtig sein, weil der Übergang vom Junioren- ins Profi-Tennis als die größte Hürde, die es zu meistern gilt, erst noch kommt. Aber dennoch: Die besonderen Erfolge in diesem Jahr geben uns die Hoffnung, dass wir in der Nachwuchsarbeit, auch mit unserem neuen Leistungssportkonzept, auf dem richtigen Weg sind.

76. DTB-Mitgliederversammlung
Wann: Sonntag, den 10. November 2024 um 10.00 Uhr
Wo: Dorint Hotel „Kurfürstendamm“ Berlin, Augsburger-Str. 41, 10789 Berlin